bei Lorenzo Dalponte
Während der ganzen Kriegszeit gab Trentino, ungefähr 60.000 Männer und die letzten waren nur 17 Jahre alt. Die Gefallenen waren 10.512, die meisten fielen an der russischen Front. Von diesem Krieg habe ich direkte Erfahrung nicht nur dank meinen Lektüren oder den Besuchen in den Operationsgebieten auf Tofane, Cauriol, Ortigara, Pasubio, Adamello. Mein Vater war Kaiserjäger und wurde zweimal verwundet, zwei Onkel von mir kamen nie mehr zurück, in meiner Familie sprachen wir oft von ihnen.
Als die italienische Regierung am 23. Mai 1915 Österreich den Krieg erklärte, hatte ihn Österreich schon in Galizien gegen Russland verloren. Hier hatte Österreich die besten Soldaten seines Heeres gelassen: mehr als zwei Millionen waren entweder tot oder in Gefangenschaft. In vier Jahren Krieg waren Österreichs Verluste 90% von 8 Millionen Männern. Italiens Verluste waren in 3 Jahren 39%. Das Oberkommando bestand aus Offizieren, die zum österreichisch-ungarischen Adel gehörten; sie lebten in der Friedenszeit getrennt von den gemeinen Soldaten und waren auf dem Exerzierplatz geschickter, als an der Front. Die Meinung der Truppe nach, hieß der Ausdruck „Armee Ober Kommando“, Abkürzung A.O.K., „Alles ohne Kopf“ (auf Italienisch: tutto è fatto senza testa). Das österreichische Heer war nach veralteten, typischen Richtlinien der alten Militärschulen ausgebildet. Es musste zuerst der wilden serbischen Reaktion weichen und den Russen widerstehen, die sich besser tarnen konnten; außerdem hatten sie auch Maschinengewehre und die tapfere Kosakenkavallerie. Mein Vater gehörte zum Zweiten Regiment der Tiroler Kaiserjäger, denn sogenannten „Toten Regiment“, denn es musste sieben mal in fünf Monaten mit den jungen Hilfstruppen (den Marschkompanien) neu gebildet werden.
Wie es mit den Alliierten geplant war, sammelte der oberste Heerführer Luigi Cadorna die meisten Truppen am Isonzo, um in Richtung Wien über Kärnten einzubrechen, und um Serben und Russen Hilfe zu leisten. Dia trientinische Front war vom Stilfserjoch bis zur Palagruppe dreihundert Kilometer lang. Sie wurde der ersten Armee unter dem Befehl vom General Brusatí mit Verteidigungs- und nicht Angriffsaufgaben betraut. Die Armee bestand aus 40 Divisionen mit 180.000 Mann. Ihr gegenüber standen nicht mehr als 30.000 Österreicher; aber wegen der Unfähigkeit des Nachrichtendienstes wusste man das nicht.
Der Oberfeldmarschall Konrad von Hotzendorf gab dem General Viktor von Dankl den Befehl an der Südtiroler Front und beriet ihn, Innsbruck als strategischen Sitz zu wählen, weil er meinte, man könne wegen der Ungleichheit der Kräfte nur am Brenner durchhalten. Österreich konnte über keine anderen Männer verfügen, die menschlichen Ressourcen waren schon erschöpft.
Der Kaiser Franz Joseph, der eine Vorliebe für die Tiroler Bevölkerung hatte, ließ die Standsschützen einberufen. Sie gehörten zu den historischen Schützevereinigungen in Tirol und Vorarlberg und waren junge und ergraute Männer, die wehrdienstuntauglich erklärt worden waren. Von den 35.000 Mitgliedern wurden 20.000 wehrdiensttauglich erklärt, sie bekamen eine Uniform, die Waffen und wurden in vorderste Linie geschickt, wo sie drei Monate lang blieben. Zu Hause blieben nur Frauen, Alte und Kinder, aber Not und Leid waren für sie nicht vorbei. Am 22. Mai 1915 begann die Evakuierung der Bevölkerungen, die in den Dörfern an der Front wohnten. Man fing im Ledrotal an; dann kamen die Bezirke Riva del Garda, Arco, Mori, Rofreit, Folgaria, Lavarone und Mittelvalsugana dran. Der Befehl war, die Häuser und das Vieh auf den Feldern zu verlassen. Eine Kommission aus Soldaten und Bürgern sollte das Vieh sammeln, füttern und bezahlen. Man ging mit einem aus Kissenbezügen genähten Rucksack weg, darinnen eine Decke, Besteck, die Papiere, Proviant für drei Tage, 5 - 10 Kilo insgesamt. Ungefähr 75.000 Personen wurden über den Brenner nach Böhmen und Mähren und in die Barackenlager in Niederösterreich geführt; 35.000 Personen wurden gezwungen, die von den Italienern besetzten Dörfer zu verlassen und nach Italien geschickt. Die verödeten Dörfer blieben den Soldaten ausgeliefert. Im Jahr 1915 musste Österreich an der Italienischen, an der russischen und serbischen Front kämpfen. Trotz der Einberufung aller tauglichen Männer von 17 bis 50 Jahre, war die Situation dramatisch: die Verluste wegen Cholera, Typhus, Malaria, Dysenterieepidemien waren höher, als die Verluste an der Front. 1.500.000 russische, serbische und rumänische Gefangene wurden für die Transporte von Munitionen, Materialien und Lebensmittelvorräten verwandt. Sie kamen der vordersten Linie sehr nah, und das bot ihnen viele Gelegenheiten, zu desertieren. In manchen Tälern vom Trentino wurden Frauen und Kinder für solche Dienste beschäftigt. Sie bekamen jeden Abend ein „soldo“ und einen Brotlaib, das war ein kostbarer Lohn, denn Hunger war 1916 ein schweres Problem in Tirol und im ganzen Kaiserreich.
Feltre, 27 September 1997
Konferenz mit das Zentrum für Geschichtsstudium Primör
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